Wenn die Knie es nicht wollen, soll der Mensch es nicht erzwingen!

Der Grund warum aktuell keine neuen Wanderberichte mehr veröffentlicht werden ist einfach – Knieschmerzen!

Dieses Jahr im August wollte ich zu meiner ersten Mehrtagestour mit dem Zelt aufbrechen. Ausgesucht habe ich mir den Harzer Hexenstieg den alle Berichte als wunderschön beschrieben. Die Wanderung sollte eine Belohnung für mich sein mit dem Rauchen aufgehört zu haben und sie sollte mir auch beweisen das sich meine Leistungsfähigkeit dadurch gesteigert hat.

Ich besorgte also die Ausrüstung, Verpflegung und die nötigen Karten und buchte Campingplätze und zwei Hotels. Leider stellte sich heraus das die Anfahrt und der erste Wandertag zum längsten Tagesausflug meines Lebens werden sollte. Ich musste die Wanderung am späten Nachmittag abbrechen und bin noch am selben Abend nach Hamburg zurück gefahren.

Was genau dazu geführt hat und was ich daraus gelernt habe möchte ich dir in diesem Beitrag nahe bringen. Vielleicht hilft es dir vor deiner ersten längeren Tour dabei, deine Leistungsfähigkeit einzuschätzen.

Ein paar Hintergrundinfos

  • Ich habe dieses Jahr im Januar aufgehört zu rauchen und bis zum Juli hatte ich, trotzdem ich mein Essverhalten nicht geändert habe, 16 Kilo zugenommen – Danke Stoffwechsel! 😉
  • Ich war nicht darin geübt mit großem und verhältnismäßig schwerem Rucksack zu laufen. Im Vorfeld lief ich nur eine halbe Stunde im Globetrotter mit dem Rucksack herum und später zu Hause – voll gepackt – nochmal etwa eine Stunde. Ich dachte das wäre ausreichend um ein Gefühl dafür zu bekommen – weit gefehlt! Hätte ich nur auf die gute Frau im Globetrotter gehört und eine längere Tagestour mit dem Gepäck unternommen.
  • Ich bin vorher noch nie mit Wanderstöcken gelaufen, habe mir für diese Tour aber welche zugelegt um meine Knie zu entlasten. Es scheint aber ein wenig Übung zu brauchen um mit Wanderstöcken anständig laufen zu können.

Was ist passiert?

Ich fuhr morgens mit dem Zug von Hamburg zu meinem Startpunkt nach Osterode. Der Rucksack war gepackt und ich war voll motiviert. In Osterode angekommen wollte ich mir den Ort ein wenig anschauen, der historische Marktplatz, die Stadtmauer und die Alte Burg warteten auf mich.

Kornmarkt und Marktkirche St. Aegidien
Kornmarkt und Marktkirche St. Aegidien
Die zugewachsene Söse am Kornmagazin
Die zugewachsene Söse am Kornmagazin
Blick auf Osterode am Harz
Blick auf Osterode am Harz
Burgruine "Alte Burg" auf dem Friedhof Osterode
Burgruine „Alte Burg“ auf dem Friedhof Osterode

An einem Schwenkgrill auf dem Marktplatz stärkte ich mich noch einmal und machte mich auf den Weg. Die Alte Burg befindet sich auf dem Gelände eines Friedhofes an einem ziemlich steilen Hang. Die Burg dort zu finden ist einigermaßen anstrengend, da es viel bergauf und bergab geht. Vom Stadtbummel und der Suche nach der alten Burg schon ziemlich erschöpft kam ich endlich am Startpunkt der Wanderung an.

Start- und Zielpunkt des Harzer Hexenstiegs
Start- und Zielpunkt des Harzer Hexenstiegs

Nicht nur das ich körperlich schon ziemlich im Eimer war, hinzu kam auch noch die Tatsache das der Rucksack bei jedem Schritt quietschte und das kann auf Dauer ziemlich nervig sein (Stichwort: psychische Belastung?).

Die eigentliche Wanderung beginnt

Nichts desto trotz begann ich die Tour mit viel Elan! Das Wetter war großartig und ich freudig gespannt was auf mich zukommen würde. Die erste Etappe des Harzer Hexenstieg hat einen Aufstieg von etwa 600 Metern was erstmal nicht so heftig klingt. Mit 18 Kilo Gepäck auf dem Rücken (zuviel!), 16 Kilo zusätzlich auf dem Bauch (viel zuviel!) und Null Erfahrung im Fernwandern sowie stetigem Anstieg ist es aber eine ganze Menge.

Ein Blick zurück offenbart den stetigen Anstieg
Ein Blick zurück offenbart den stetigen Anstieg

Nach etwa 3,5 Kilometern der nur knapp 12 Kilometer langen Tagesetappe war ich fix und fertig! Komplett durchgeschwitzt und mit Rückenschmerzen machte ich eine Pause an der „Köte Köhlerhütte“, dem ehemaligen Rastplatz der Eseltreiber. Um euch einen Eindruck zu verschaffen wie fertig ich zu diesem frühen Zeitpunkt schon war, kredenze ich mal eins meiner seltenen Videos. Die Videos sind sogar so selten das dies hier das erste ist soweit ich mich erinnere 😉

Da ich meinen 2,5 Liter Wasservorrat zu diesem Zeitpunkt schon zu zwei Dritteln verbraucht hatte wäre theoretisch jetzt schon der Zeitpunkt gewesen die Etappe abzubrechen und die 3,5 Kilometer bergab zurück zu laufen. Aber man will es ja nicht wahrhaben, das ist etwas was ich lernen muss – die eigenen Grenzen erkennen und akzeptieren.

Und wie ging es weiter?

Ich lief weiter bis zum Campingplatz Prahljust bzw. ich versuchte es, aber nach gut 3 weiteren Kilometern begann mein rechtes Knie stark zu schmerzen. So stark das ich das Bein nicht mehr voll belasten konnte. Hier waren die Wanderstöcke – welche ich bisher so gut wie gar nicht benutzt hatte – Gold Wert, als Krücke! Die restlichen etwa 5 Kilometer brachte ich mehr auf allen vieren als im aufrechten Gang hinter mich, immer auf die Wanderstöcke gestützt und mit vielen Pausen mit wenig Wasser.

Auf dem Campingplatz angekommen war ich sowohl körperlich als auch psychisch komplett am Ende. Ich konnte Gott sei Dank ein (sehr teures) Taxi zurück nach Osterode bekommen und auch einen Zug zurück nach Hamburg bekam ich noch gebucht.

Zurück in Hamburg zog es mich am nächsten Tag natürlich gleich zum Arzt der mich mit dem Verdacht auf einen verletzten Innenmeniskus am rechten Knie direkt zum CT schickte. Drei Tage später war dann klar das es Gott sei Dank keine Verletzung sondern nur eine Überlastung war und ich somit keine bleibenden Schäden von diesem Ausflug mit nach Hause gebracht habe. Zurückzuführen ist die Überlastung auf eine zu schwache Muskulatur um die 18 Kilo vom Rucksack und das zusätzliche Körpergewicht seit Januar kompensieren zu können.

Und nun?

Auf anraten meines Arztes habe ich jetzt gut 8 Wochen komplett pausiert und meine Bein- und Rückenmuskulatur gestärkt, dafür habe ich für mich ein Trainingsprogramm entwickelt das sich sehr einfach zu Hause absolvieren lässt und welches ich euch im Beitrag Fit ohne Geräte – Body Weight Übungen für Wanderer genauer erläutert habe.

Vor Weihnachten wird es also keine neuen Wanderungen mehr geben. Danach geht es dann aber mit viel Schwung ins neue Wanderjahr! Ich werde die ruhigere Zeit nutzen um meine Reiseberichte über den West Highland Way und meine Irland Reise im letzten Jahr zu komplettieren und ein paar weitere Themen aufzuarbeiten. Außerdem steht die Reiseplanung für nächstes Jahr an (Irland im September – Kerry Way – ist schon fix!).

Habt Ihr auch schon eure Grenzen erreicht und ignoriert? Wie geht Ihr mit solchen Situationen um? Verratet es mir in den Kommentaren!

2 Gedanken zu „Wenn die Knie es nicht wollen, soll der Mensch es nicht erzwingen!“

  1. Hallo Rolf, habe ich und fand mich auf der Intensivstation wieder!

    Ähnliche Geschichte wie bei dir: August 2016 aufgehört zu rauchen, 15 kg zugenommen. Mein Plan: Eine Alpenüberquerung im September 2017 als Belohnung, ein Lebenstraum von mir.. Ich also schön ins Fitness-Studio und auf dem Laufband trainiert. Seit Januar 2017 eine Ernährungsumstellung, clean, zucker- und weizenfrei gemacht und gute 8 kg abgenommen. Im Mai der Probelauf für die Alpenüberquerung: Ein Wochenende mit Bergführer und Gruppe im Allgäu, Besteigung eines 1700 Meter hohen Berges. Hoch bin ich noch gekommen, mit den geliehenen Wanderstöcken des Bergführers, aber nicht mehr runter. Ich hatte keine Kraft mehr, meine Muskeln zitterten nur noch und ich konnte keinen Schritt mehr gehen. Wurde mit einem Taxi nach unten befördert. Nächsten Tag zu Hause schmerzte mir alles, ich bekam schlecht Luft, hatte ein Engegefühl über der Brust und Wasser in den Beinen. Intensivstation, Verdacht Herzinfarkt. Komplett durchgecheckt worden, alles in Ordnung, „nur untrainiert und völlige Überforderung“. Tja, die Alpen sind gestrichen. Ich stamme aus Schleswig-Holstein. Seitdem wandere ich in Deutschland und bisher nur Tagestouren.

    Dein Training interessiert mich sehr. LG Marion

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    • Hey Marion, danke für deinen Kommentar, da sieht man mal wie schlimm so etwas werden kann und das man viel mehr auf seinen Körper hören sollte!
      Gesundheitlich ist mittlerweile aber hoffentlich alles wieder in Ordnung?!
      Der Beitrag über mein Trainingsprogramm ist in Arbeit und ich denke das ich ihn morgen abschließen und veröffentlich kann.

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